Der Anstoß zu diesen (Öko)systemen erklärt sich am Beispiel des Ameisenhaufens und welche Fragen das Nachdenken darüber aufwirft.
Was gehört eigentlich zu einem Ameisenhaufen?
Ameisen, klar. Selbst wenn oder: gerade weil ihre Artenvielfalt weltweit abnimmt.
Es gehören solche dazu, die drinnen sind, und solche, die draußen herumlaufen. (Angeblich sitzt ja die Hälfte der Ameisen dauerhaft nur herum, ohne für das menschliche Auge erkennbare sinnvolle Beschäftigung. Klassischer Fall von Ätsch! Was ist vom Bienenfleiß der Ameise gefaselt worden und dann entdeckt sich sowas.)
(Kürzlich begriff die Ameise, dass auch Menschen Pflanzen und Tiere züchten. Daraufhin hielten viele inne, setzten sich und überlegten.)
Es gehören Alte dazu, Ältere, und Nachwuchs. Eier. Wäre ein Ameisenhaufen ohne Eier noch ein richtiger Ameisenhaufen? Vermutlich. Die Frage ist wie lang.
Nadeln. Anderes Baumaterial. Ein Raum drumrum mit Anbauflächen, Ästchen, daher mit Bäumen, noch mehr Baumaterial, Nahrung.
Raum drinnen für die Ameisenkörper. Luft? Luft! Zu Termitenbauten gehört ein klimatisch derart ausgeklügeltes Klimasystem, dass wir wünschten, wir wüssten, wie die das anstellen.
Die Straße? Als nutzbares Liefersystem? Versteht die Ameise das? Im Handeln offenbar durchaus. Verstehen wir das?
Gehören andere lebendige Tiere zum Ameisenhaufen? Das menschliche Haus mit seiner zuckrigen Küche ein paar Schritte weiter? Als eine Art Verbundhaus Teil des Ameisenhaufens, als »Ökosystem« im Wortsinn?
Können Wörter zu einem Ökosystem gehören? Also so, dass Organismen in ihrer Existenz von ihnen abhängen? Laute mit Sinn ja schon. Aber menschliche Wörter? Müsste es nicht heißen: Ausgerechnet die menschlichen Wörter nicht.
Sagen wir so. Es gibt kein Wort, das ich einem Ameisenhaufen entziehen könnte, und dann kollabiert er. Wirklich? Sind nicht Wörter in falschen systemischen Einübungen Problemproduzenten? Und folglich auch fehlende Wörter, die wir nicht sagen, weil wir nicht wissen, dass das, was sie beschreiben, existiert? Und wenn wir es nicht sagen, können wir nicht für sein Fortbestehen sorgen. Müssen Wörter daher nicht Teile der Lösung werden?
Und ist die Sprache, in der das einzelne Wort nichts ist ohne seine Neigung zu den anderen, die Fädchen und Knoten, ohne die wechselseitigen Bedürftigkeiten, Beißkämpfe und Zusammenrottungen, nicht der ideale Ort, um der Ökologie und ihren Systemen gedanklich auf die Schliche zu kommen? Immer wieder spürbar hinter sie zurück zu fallen? Ohne sich deshalb gleich in eine »unökologische Hybris« (Lambert Wiesing) retten zu müssen, die »den Menschen« außerhalb und unberührbar ansetzt in einer wie auch immer entworfenen Natur-Kultur-Dichotomie. Ein guter Ort um sich geduldig einzuüben, in eine, nach Donna Haraway, bessere Sympoiesis und ein besseres Living With?